So wirkt Musik auf Psyche und Körper

(Edit: 09.10.2022)

Es gibt wohl niemanden, der keine Musik hört. Und man kommt ja auch eigentlich nicht drum herum, denn Musik ist überall. Für viele ist sie überhaupt nicht mehr aus dem Alltag wegzudenken, auch bei mir vergeht kein Tag, an dem ich nicht mindestens eine halbe Stunde Musik höre. Schon allein im Auto wäre es mir ohne zu langweilig.

In vielen Berufen ist Musikhören bei der Arbeit absolut üblich. Bei Ärzten im OP (von Klassik über Metal bis Punk, hat mir ein Anästhesist verraten), beim Friseur, beim Fotografen, in der Autowerkstatt, in IT-Berufen – im Zeitalter der iPods, Smartphones, Streamingdienste wie Spotify, Deezer und Co. ja gar kein Problem mehr.

Klar, es macht einen Unterschied wenn Musik läuft, das Phänomen kennt wohl jeder. Reggae macht locker, Techno und Power Metal putschen auf, säuselnde Klavier- und Harfenmusik lässt die Seele baumeln und entführt zum Träumen. Aber wusstest du, dass bestimmte Arten von Musik einen wesentlichen Einfluss auf unsere Hormone, Leistungsfähigkeit und sogar das Immunsystem haben?

Was die Forschung dazu zu bieten hat

Diese positiven Effekte sind nicht neu, doch erfreulicherweise werden mittlerweile in diese Richtung immer mehr Studien veröffentlicht. Einige belegen, dass Hintergrundmusik die Produktivität und Effizienz steigern kann, indem sie die kognitiven Funktionen verbessert und die Laune hebt. So konnte beispielsweise die Forscherin Teresa Lesiuk nachweisen, dass Software-Entwickler mit Musik effizienter und kreativer programmieren konnten, indem sie ihre Anspannung reduziert und die Laune verbessert hat.

Abgesehen davon, dass Hintergrundmusik helfen kann, störende Nebengeräusche zu überdecken oder auszublenden, besagen weitere Studien (wie diese und diese), dass sie die Produktivität und Motivation fördert. Wow, oder?

Doch Musik kann noch mehr, wie diese Zusammenfassung von vielen einzelnen Studien („The neurochemistry of music“) belegt, in denen erforscht wurde, dass Musik in der Lage ist den Cortisolspiegel zu senken, und zwar besser als manche Medikamente!

Dazu ein kleiner Exkurs in die Welt der Stresshormone. Cortisol ist ein körpereigenes Stresshormon, das für uns überlebenswichtig ist. Doch wenn es vom Körper übermäßig viel und häufig ausgeschüttet wird (z. B. bei chronisch gestressten Leuten), wirkt sich das sehr ungünstig auf das Kurzzeitgedächtnis und die Konzentrationsfähigkeit aus. In extremen Fällen von lang anhaltender Stressbelastung kann es tatsächlich zu irreversiblen Schäden bei neuronalen Verknüpfungen kommen. Es lohnt sich also schon aus Selbstschutz, etwas gegen Stress zu tun.

Außerdem – liebe Männer – ein überhöhter Cortisolwert ist schlecht für hohe Testosteronwerte.

Auch im Coaching nutze ich Musik, beim Harfen-Meditationsabend zur Entspannung und auch in Einzelsitzungen. Wenn zum Beispiel während einer Intervention starke unangenehme Emotionen bei einem Klienten hochkommen und unser Weiterarbeiten erschweren, genügen oft schon einige Minuten stimulierender Musik mit sanften Impulsen über Kopfhörer, um diese Emotionen auf sehr angenehme Weise zu lösen. Ich bin jedes Mal wieder völlig verblüfft, wie gut das funktioniert.

Damit steigt Musik zu einem wahrhaftigen Blockaden-Killer auf, und das ganz ohne Nebenwirkungen.

Übrigens, wenn du Harfenmusik magst und gerne was zum Relaxen hören möchtest, hier geht es zu meinen Harfenaufnahmen bei Soundcloud!

Therapeutische Einsatzmöglichkeiten von Musik bei Depressionen und Burn-Out werden unter anderem vom Wiener Unternehmen Sanoson vorangetrieben, das sich mit Musikwirkungsforschung beschäftigt. Während der Therapie hören die Patienten über eine Dauer von 5 Wochen täglich das Audioprogramm, das laut Angaben von Sanoson die Herzratenvariabilität verbessert und die Selbstregulationsfähigkeiten des Organismus stärkt. Unheimlich spannend!

Fun Facts über den gezielte Nutzung von Musik im Alltag

  • Die Studien, die ich oben erwähnt habe, drehen sich meist um Hintergrundmusik. Denn wenn sie als zu laut empfunden wird, besteht die Gefahr, dass sie von der eigentlichen Arbeit ablenkt.
  • Für Tätigkeiten, bei denen du liest, lernst, nachdenkst, malst oder schreibst, empfiehlt sich Instrumentalmusik, da Stimmen und Texte eher ablenken.
  • Radio hören zieht die Aufmerksamkeit von der Arbeit meist zu stark ab wegen der Nachrichten und Werbespots zwischen den Musikstücken. Logisch, diese sind ja gemacht um Aufmerksamkeit zu erregen.
  • Mit Naturgeräuschen unterlegte Musik eignet sich perfekt zum Entspannen und um die Cortisolwerte zu senken. Manche Kompositionen können regelrechte Flowerlebnisse hervorrufen.
  • Schnelle, härtere Musik setzt du am besten bei körperlicher Anstrengung ein, zum Beispiel beim Sport oder bei körperlich anspruchsvoller Arbeit.
  • Begleitmusik für Filme und Computerspiele wird absichtlich so komponiert und platziert, dass sie auf unsere Assoziationen abzielt und Einfluss auf die Stimmung nimmt, um für den Zuschauer bzw. Spieler das Film- oder Spielerlebnis intensiver zu machen. Woher würden wir sonst bei einem Psycho-Thriller wissen, dass der verrückte Axtmörder in der Nähe ist, wenn die Musik nicht bedrohlicher würde! 😉

Epic Music (wie zum Beispiel das Rohan Theme aus Herr der Ringe), Chill Step und Klavier-/Violinmusik sollen zu den Genres gehören, die die Kreativität und Leistungsfähigkeit begünstigen. Doch der Einfluss der Musik hängt wohl auch wesentlich damit zusammen, ob sie vom Hörer als angenehm und vertraut empfunden wird und welche persönlichen Vorlieben er hat.

Es zeichnet sich noch ein anderer Trend ab, nämlich das Verändern von Bewusstseinszuständen durch akustische Pulsfrequenzen (HemiSync, Binaural Beats). Diese sollen die Gehirnwellen verändern und den Hörer in den sogenannten „Alpha-Zustand“ bringen, ein Zustand entspannter Aufmerksamkeit, niedrigem Stresslevel und müheloser, intensiver Konzentration und Kreativität.

Viele Anbieter von sphärischer Meditationsmusik hinterlegen diese mit diesen Frequenzen (hier ein Beispiel). Für zuhause mit guten Kopfhörern ist das mal ein interessantes Erlebnis. Wenn du Lust hast, probiere diese Beats einfach mal aus, und schreib mir deine Meinung!

Ob sie sich nun besser zum Entspannen eignen als andere Musik, das weiß ich nicht. Da wir ohnehin sehr auf Leistung getrimmt sind, finde ich die Einstellung zum Brain Boosting ein wenig heikel. Vielleicht ist es auch manchmal gut zu akzeptieren, dass unsere Leistungsfähigkeit Grenzen hat und wir Zeit und Ruhe für Erholung brauchen. Für Menschen mit Einschlafstörungen und allgemein im therapeutischen Bereich können Binaural Beats in Absprache mit der behandelnden Person jedoch eine große Bereicherung sein.

Jetzt würde mich noch interessieren, welche Musik du zum Entspannen hörst! Welche ist deine Lieblingsband, die dir gute Laune macht? Schreib mir, und wenn dir der Artikel gefällt, freue ich mich, wenn du ihn teilst!

Deine Silvia

[Photo credits to Jonas Hahn, Momentschmiede Würzburg]